Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (2024)

Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019) : Dreirad-Fahren – (k)eine schräge Nummer

Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (1)

BRP

Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (2)Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (3)Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (4)Fahrbericht Can-Am Ryker Rally Edition (2019): Dreirad-Fahren mit 3-Zylinder – (k)eine schräge Nummer (5)20Bilder

Wer schon mal Motorschlitten gefahren ist, hat beim Erstkontakt mit dem Can-Am Ryker Vorteile. Erfahrene Motorradfahrer hingegen könnten mit dem neuesten Straßenspielzeug der BRP-Marke (Bombardier Recreational Products) so ihre Probleme kriegen: Gesteuert wird nämlich mit einem klassischen Motorradlenker, aber weil der Ryker vorne zwei Räder hat, neigt er sich in Kurven nach außen. Weil das genau andersrum ist, als beim klassischen Zweirad, können Biker sich dabei schon mal erschrecken und instinktiv in die andere Richtung lenken – oder wenigstens zu bremsen versuchen. Da folgt oft der zweite Schreck: Bei der Rally Edition des Ryker greift man vor dem Gas zwar nicht ins Leere, aber auch nicht zum Bremshebel. Vielmehr gehört ein massiver Handschutz zur Ausstattung.

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Gebremst wird hingegen ausschließlich mit dem rechten Fuß. Das in der Neigung verstellbare Pedal vor der weit verschiebbaren Raste betätigt gleichzeitig die Bremsscheiben vorne und hinten. Deren Wirkung wird ihrerseits durch ein ABS kontrolliert. Wer das und den wohlmeinenden Hinweis, die Füße bitte immer auf den Rasten zu lassen, beherzigt, darf aber loslegen, ohne dabei an Kuppeln oder Schalten denken zu müssen. Denn Kraftübertragung und Gangwechsel passieren beim Can-Am Ryker dank eines CVT-Getriebes wie bei großen Rollern automatisch.

Starten mit dem Can-Am Ryker will gelernt sein

Die eigentliche Startprozedur erfordert aber ein paar überraschende Verrichtung in korrekter Reihenfolge: Der eigentümlich geformte Schlüsselersatz muss zunächst auf einem runden Köpfchen in der Nähe des Ortes sitzen, wo man einst den Benzinhahn vermutet hätte. Dann muss der Not-Aus-Schalter auf „An“ stehen, der Gasgriff kurz nach vorne gedreht werden, der rechte Fuß auf der Bremse stehen und gleichzeitig der Anlasserknopf gedrückt werden. Der Rotax-Dreizylinder erwacht zum Leben und verfällt in einen stabilen Leerlauf bei 800/min. Aber Losfahren geht immer noch nicht: Erst will noch die Feststellbremse – ein kleiner unscheinbarer schwarzer Hebel in der Nähe des Schlüssels – gelöst werden. Die „Handbremse“ braucht’s, weil sich das CVT-Getriebe nicht durch Einlegen eines Ganges blockieren lässt. Drum piept der Can-Am Ryker auch ziemlich impertinent, wenn der Fahrer den Motor abstellt und nicht sofort die Bremse schließt.

Kräftige und mühelose Beschleunigung

Jetzt aber darf das Dreirad erstmal los. Von Gummiband keine Spur: Das CVT-Getriebe verbindet Räder und Motor beim Losfahren eher ruppig, das wirkt fast wie eine Klauenkupplung. Wer will bringt das von einer Kardanwelle angetriebene Hinterrad in der für Kompaktwagen-typischen Dimension (205/55 R15) auf Asphalt zum Pfeifen oder auf losem Grund zum Dreck Werfen.

Für alles Weitere reicht Gasgeben – die 82 PS des Kurzhubers werfen der trocken immerhin 285 Kilo schwere Can-Am Ryker nachhaltig nach vorn. Am meisten profitiert der Ryker-Reiter hierbei davon, dass er weder mit Gängen noch Kupplung hantieren muss und keine Angst vor einem aufsteigenden Vorderrad haben muss – die Vorderpartie mit ihrer Doppelquerlenker-Aufhängung sowie den zwei 16-Zoll-Rädern ist zu schwer, der Radstand mit 1,71 Meter zu lang.

„Falsche“ Schräglage, hohe Haltekräfte

Apropos Vorderräder: Die kleben auch auf schlechten Straßen wie Kaugummi am Asphalt und ziehen den Ryker selbst bei hohen Kurvengeschwindigkeiten wie auf Schienen um Biegungen jeder Art. Der Fahrer kann beim Anpeilen des Kurvenscheitels der Aufhängung schön bei ihrer emsigen Arbeit zusehen. Das ist wirklich beeindruckend. Beängstigend für den Ryker-Neuling ist allenfalls die verkehrte, aber teilweise beträchtliche Seitenneigung, die den Fahrer zum Knicken des Oberkörpers Richtung Kurvenmitte bringt und ihm meist so viel Respekt einflößt, dass er die Haftgrenze der zwei 145er-Vorderreifen nicht erreicht – besonders, wenn die Straße zum Außenrand hin abfällt.

Gewöhnungsbedürftig sind zudem die enormen Haltekräfte: Während am Motorradlenker ein leichter Zug an der Kurveninnenseite genügt, empfiehlt sich beim Can-Am Ryker auch ein kräftiger stabilisierender Druck am kurvenäußeren Lenkerende und zwar so lange der Kurvenradius anhält. Denn spontan bewegen sich die Vorderräder nur bei kleinen Lenkbewegungen um die Mittellage. Die zahlreichen langgezogenen Kurven auf den Bergstraßen während der Testfahrt entpuppten sich am Ende als veritables Workout, denn der Fahrer muss sich zudem mit den Oberschenkeln gegen die Fliehkraft abstützen. Unruhig wird es, wenn die Straße größere Verwerfungen für den Ryker bereithält. Vor allem, wenn ein Rad Unebenheiten nachgeht, überträgt sich das auf den Lenker und der Fahrer muss zusätzlichen Aufwand betreiben, um die Richtungsstabilität beizubehalten.

Wer sich erstmal an die Besonderheiten gewöhnt hat, kann mit dem Ryker sehr schnell sein und höhere Kurvengeschwindigkeiten erreichen als mit einem Motorrad – die haftende Reifenfläche ist einfach erheblich größer und speziell die bei der Rally Edition verwendeten Feder-(Gasdruck)-Dämpferelemente von KYB sorgen für intensiven Fahrbahnkontakt. Das ABS und eine nicht abschaltbare Stabilitätskontrolle mit Kipp-Sensor sorgen dabei elektronisch für Sicherheit, ohne selbst bei rüderen Manövern unangenehm aufzufallen.

Unterm Helm kein Sound-Genuss

Den Spaß am flotten Kurvenwetzen mit dem Dreirad mindern eher die nicht bauartbedingten Merkmale: So klingt der Rotax-Dreizylinder an sich sauber und kräftig, ohne zu laut zu sein – wenn der Can-Am Ryker an einem vorbeifährt. Auf dem Fahrzeug wirkt er erst ab 5.000/min befreit und drehfreudig, darunter aber etwas rau. Außerdem bringt er gefühlt alle umgebenden Teile zum Dröhnen. Dazu mischt sich das Laufgeräusch des CVT-Getriebes mit einem heulenden Unterton, vor allem, wenn man bei niedrigeren Geschwindigkeiten vom Gas geht. Funktional ist dem Getriebe zwar sonst wenig vorzuwerfen, aber so sportlich bewegt wünscht man sich für den Can-Am Ryker dennoch eine manuelle Schaltung. Zugegeben: Es ist schwer vorstellbar bei der intensiven Arbeit am Lenker dort auch noch einen Kupplungshebel zu bedienen und mit dem linken Fuß einen Ganghebel. Vielleicht würde das immerhin dem Verbrauch gut tun – auf der zugegeben meist engagiert absolvierten Testfahrt lag er durchgehend bei rund acht Liter.

Fazit

Unter rationalen Gesichtspunkten spricht nicht mal die geringe Spurbreite im Stau für den Can-Am Ryker. Er will ein reines Spaßgerät sein – und Spaß machen kann er. Vermutlich eher abenteuerlustigen Autofahrern als Motorradfahrern, die weniger Sturzgefahr suchen – denn das Kurvenfahren ist sehr viel anders als beim klassischen Zweirad.

Zur Zwischenstellung eines Dreirads gehört aber auch, dass sich Vor- und Nachteile der Nachbargattung kreuzen: Der Can-Am Ryker bietet das intensivere Fahrerlebnis und die bessere Beschleunigung als die meisten Autos, aber erfordert die Schutzkleidung des Motorrads und ähnliche Zugeständnisse bei Platzangebot und (Geräusch-)Komfort.

Immerhin kommt der Ryker einem Spaßmobil beim Preis viel näher als der Can-Am Spyder. Bei 9.799 Euro geht’s los, dann allerdings mit dem 600er-Zweizylinder und 50 PS. Der 900er-Dreizylinder kostet mindestens 11.499 Euro, die Rally Edition 12.699 Euro. Sie hat neben dem KYB-Fahrwerk mit 2,5 Zentimeter mehr Federweg, dem Rallye-Modus und einem besser gepolsterten Sitz auch ein Heck, das einen Soziussitz tragen kann (Einzelaufpreis rund 340 Euro). Was der Käufer dann gegenüber einem Motorrad zusätzlich braucht: mehr Platz in der Garage.

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Gerd Stegmaier

Chefredakteur der Digitalredaktion des Geschäftsbereichs Mobilität

Beschäftigt sich mit Autos, seit er denken kann. Infolgedessen mit der Antriebs- sowie der Energiewende und in seiner Funktion auch mit Motorrädern, Wohnmobilen und Flugzeugen.

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